die jury zur auswahl
zum 25. Theatertreffen der
Jugend 2004
Der Vorhang geht auf und es wird
laut - ein schrilles,
ohren-betäubendes Geräusch
bereitet Schmerzen, sinnliches
Theater für Ohr, Nase und Augen:
Schmiedewerkstattgeruch erfüllt den
Raum und der Funkenregen der
gnadenlosen Flex, die einen
Käfig/Kinderwagen bastelt, wird zum
Zimmerfeuerwerk, das jenen Ur-
Moment zelebriert, mit dem alles
beginnt - das Leben nämlich: da
liegt die Schwangere „guter
Hoffnung" auf dem Tisch. Ein Bild,
das sinnfällig die Grundidee des
Stückes und das
Inszenierungskonzept verdeutlicht:
Es geht ums LEBEN (von der Wiege
bis zur Wiege, der ewige Kreislauf,
der über das Einzelschicksal
hinausweist) - und das kann
manchmal zum Totlachen komisch
sein, wenn endlich aufhört, was weh
tut
(Touch me!).
Und dann kommen die mediclean
verkleideten Suchenden,
Grubenarbeiter in Sachen Geburt
und Erhellung, und weisen diskret
interaktiv auf einen „anderen
Umstand" hin: Da is nix mit
Zurücklehnen! Das, was gleich
kommt, ist nicht unser Stück,
sondern auch des Zuschauers
„Ding": Meine Damen, Sie sind
schwanger!
Es wird eine schwere Geburt,
choreografiertes Warten &
Zeit-totschlagen bis zu jenem
grandiosen Moment, wenn die
Hebamme aus den Untiefen des
Weiblichen den „corpus delicti"
zieht: das Kind / das Stück / den
Anfang vom Ende des Anfangs... das
Kind, das kurz darauf wie für immer
gewindelt der Liebe der Welt
ausgesetzt wird. Am Schluss des
Stückes kehren die Erwachsenen
zurück in den Käfig jedes Anfangs -
ein Leben lang gefangen sein in
dem, was „determiniert" war. Die
Kunst des Scheiterns nämlich hat
zwei Mütter: an den Haaren
herbeigezogene Fremdbestimmtheit
und Selbstverhinderungskunst.
Zwischen Anfang und Schluss ein
Dazwischen, ein Strampeln, ein
Abstrampeln, vor, hinter und
zwischen den Vorhängen: 23 auf‘s
Wesentliche reduzierte, körperlich
und mimisch präzise gespielte Kurz-
und Kürzestszenen; 23 Versuche das
Gehen zu lernen; 23 flashartige Ein-
und Draufblicke rund ums
Lebensgestolpere mit
überraschenden Wendungen (mal
positiv, mal negativ); 23 mal die
Suche nach dem aufrechten Gang
(da kann schon mal was verschütt
gehn, seis‘s der Kaffee, sei‘s I shot
the Sheriff!); 23 bitter-humorige, im
besten Sinne clowneske
Statiönchen, die in der Summe nicht
nur ein Leben ausmachen - mit dem
Strom oder gegen den Strom - das
Leben der Trockenschwimmer, mit
Wiedererkennungswert.
Peter Grosz