Bei diesem Stück stockt den Zuschauern
der Atem
Wetterauer Zeitung vom 20. April 2018
Den Zuschauern des Stücks »Faust – doppelt oder nichts« stockt in
Rosbach stellenweise der Atem. So gut ist die Premiere. Am
Samstag ist das Stück erneut zu sehen.
»Faust – doppelt oder nichts« – die neue Inszenierung des
Rosbacher Jugendtheaterprojektes »Et Zetera« unter der Leitung
von Regisseur Georg Bachmann feierte jetzt im Bürgerhaus
Rodheim Premiere. Die Aktualität des Stoffes ließ die Zuschauer
streckenweise den Atem anhalten. Während Mephisto mit dem
Allmächtigen um menschliche Seelen spielt, erhält sein weiblicher
Gegenpart auf der Bühne ein rotes Bodypainting und macht sich
als unendlich verführerische Verlockung auf den Weg in
eine ahnungslose Abiturklasse.
Da ist Christina, die einsame Streberin, die von ihrer ehrgeizigen
Mutter zu Höchstleistungen angespornt wird und nur bei der
besorgten Haushälterin ein wenig Wärme und Zuneigung findet.
Benni, der Loser, hoffnungslos verliebt in die selbstbezogene,
oberflächlich-alberne Klassen-Beauty. Und Joe, der bei den Lehrern
als dumm und faul gilt, jedoch das letzte Hemd für seine
Großmutter geben würde, die ihn nach dem Tod seiner Eltern
großgezogen hat.
Versteckte Wahrheiten erfahren
Alle drei Jugendlichen sind empfänglich für die Verheißungen des
Teufels. Wie einfach klingt das doch: Mit einem Griff ins Haar
Menschen zum Reden zu bringen, ihre versteckten Wahrheiten
erfahren.
Wie leicht ist es, mit einem einzigen Klatschen Szenen anzuhalten
und nach Belieben
zu verändern, Freunde zu erobern, anderen die Hölle an den Hals
zu wünschen. Oder plötzlich vom Klassenkasper zum
intellektuellen Überflieger aufzusteigen.
»Wer bin ich? Wer will sein – und wo sind meine ethischen und
moralischen Grenzen? Woran verschenke ich mein Herz und meine
Seele?« Die zentralen Menschheitsfragen,
die sich in der Zeit des Erwachsenwerdens besonders intensiv
stellen, wurden von den Jugendlichen mit überzeugender Präsenz
und Ausdruckskraft, in eindringlicher Körpersprache und in
berührenden Szenen umgesetzt.
Acht Monate Proben
Acht Monate Probenarbeit mit Georg Bachmann und seiner
Assistentin Lena Neckel
liegen hinter dem 16-köpfigen Ensemble aus den Schulklassen 8 bis
10, das zum Teil schon mehrmals bei et zetera mitgearbeitet hat.
Mit dem Faust aus der Feder des Autorenkollektivs Mephis Crew
hatte man sich diesmal einen Stoff vorgenommen, der von einem
Literaturkurs der Gesamtschule Fröndenberg und somit von etwa
Gleichaltrigen verfasst wurden. »Doch der Text bietet uns nur die
Partitur, die sich das Ensemble selbst aneignen, seinen Wünschen
und Vorstellungen anpassen muss«, erklärt Regisseur Bachmann.
Der Sozialpädagoge erlebt die Wechselwirkung zwischen Stoff und
jungen Akteuren, zwischen Fiktion und Wirklichkeit nun schon seit
15 Jahren. Er lebt seit fünf Jahren in Rosbach.
Das Stück wird im Lauf der Proben immer mehr zur Angelegenheit
aller Beteiligten, die Auseinandersetzung mit den vorgegebenen
Themen sowie die Beschäftigung mit den eigenen
Ausdrucksmöglichkeiten wiederum formen die Persönlichkeit der
jungen Schauspieler. Diese, wie auch ihre Eltern, zeigen sich immer
wieder begeistert von Bachmanns Arbeit.
Zum Schluss ist es dann doch das Ewig-Weibliche, hier in Gestalt
von Joes Großmutter, das die Macht des Bösen bricht und
wenigstens eine der drei verführten Seelen vor dem Untergang
bewahrt.
Von Inge Mueller
Darsteller
Dario Liotta / Emil Feuerbach / Jan-Andre Kirschner
Laurin Felberbauer / Lilly Ehlert / Lorenz Friedmann
Lorenz Hildebrand / Gesa Brieskorn / Max Denfeld
Mira Dahler / Paula Bülte / Sanne Rittinghaus
Sara Garbe / Sarah Freter/ Natalie Weber
Leonie Dillmann
Assistenz
Lena Neckel
Premiere
Bürgerhaus Rosbach-Rodheim
17. April 2018
Projekt
Ein Projekt des theater et zetera
Mit freundlicher Unterstützung